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Türkiyemspor Berlin |
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22.09.2002, Katzbachstadion, Oberliga Nordost Nord |
Türkiyemspor Berlin ist einer der ältesten internationalen deutschen Fußballclubs und geht auf das
1978 als BFC Izmirspor gegründete Team zurück, das bereits seit 1983/84 am offiziellen Spielbetrieb teilnimmt. Um genau zu sein gibt es ein paar ältere Vertreter dieser Variante, zum Beispiel der schon 1965 ebenfalls von Türken gegründete Lokalrivale von Türkspor, aber die Bedeutung der heutigen Hausherren hat keiner davon erlangt. 1985 jedenfall erfolgte die Umbenennung eben dieser Hausherren in Türkiyemspor und der Aufstieg in die Kreisliga A, dem man zahlreiche weitere Aufstiege folgen ließ, so daß man 1987 in die Oberliga aufstieg und 1994 die Qualifikation für die neue Regionalliga Nordost schaffte - nach einem 2:0 über Stahl Brandenburg geht Türkiyempsor gleich als erster Tabellenführer der neuen Klasse in die Geschichte ein. Danach folgte ein kontinuierlicher Niedergang, der das Team bis in die Verbandsliga führte, in der man jedoch nur zwei Jahre blieb, wobei der Türkiyemspor-Stürmer Michael Fuß mit 66 Treffern einen Ligarekord aufstellte. Im laufenden Jahr stottert der Motor des Teams, das auch als finanziell angeschlagen gilt und wohl Gefahr läuft, wieder in der Verbandsliga zu landen. Auch dem Breitensport fühlt man sich bei Türkiyemspor übrigens verpflichtet, verfügt man doch über nicht weniger als 12 Jugendmannschaften. Besonders die B-Jugend, die in der Regionalliga des NOFV spielt, macht da wohl Hoffnung auf die Rückkehr besserer Zeiten. Die BSG Optik Rathenow verbrachte in den 60er Jahren ein paar Spielzeiten in der zweiten DDR-Liga, kickte aber meist in tieferen Klassen. Immerhin hat man in den letzten zehn Jahren nicht mehr unterhalb der Oberliga gespielt (zwei Spielzeiten sogar in der Regionalliga), so daß der jetzige FSV Optik Rathenow wohl zum Establishment dieser Spielklasse gezählt werden darf.
Türkiyemspor dominiert über 90 Minuten die Partie und eigentlich müßten die
Gastgeber als klare Sieger vom Platz gehen. Mit dem Toreschießen will es aber überhaupt nicht funktionieren, so daß es Optik Rathenow ist, das zur Freude seiner Anhänger mit 2:0 in Front geht, und es ist bezeichnend für die Partie, daß der Anschlußtreffer - der in der 85. Minute zu spät für die Kreuzberger kommt - von einem Spieler der Gäste ins eigene Tor abgefälscht wird. Die Gastgeber werden mit Sicherheit mit dem Schicksal hadern, aber im Fußball zählen nun mal die Tore, und da muß man dem FSV Optik bescheinigen, die sich bietenden Gelegenheiten eiskalt genutzt zu haben und dem sonst wenig beschäftigten Türkiyemspor-Torhüter Köppcke zweimal keine Chance gelassen zu haben, wobei das 0:2 durch einen katastrophalen Fehler in der Defensivabteilung der Hausherren begünstigt wurde. So nimmt der FSV die Punkte letztendlich nicht unverdient mit nach Rathenow - unverdient gibt es halt nicht im Fußball, nur ungeschickt, und dieses Prädikat trifft heute mit Sicherheit auf die Berliner zu. Türkiyemspor muß sich wohl auf einen langen Abstiegskampf einstellen und es ist zu hoffen - so viel Parteilichkeit sei uns hier gestattet - daß dieses Team, das der recht grauen Oberliga Nordost-Nord einen Farbtupfer verleiht, diesen Kampf am Ende erfolgreich gestalten kann.
Zu den größten Zeiten von Türkiyemspor erfreute man sich einer durchaus beachtenswerten
Zuschauerresonanz, so fanden beim Berliner Verbandspokalsieg von 1988 5000 Zuschauer den Weg ins Katzbachstadion, wo das Endspiel vor heimischem Publikum ausgetragen wurde. 1990 wiederholte man diesen Erfolg vor 2900 Zuschauern im Mommsenstadion und 1991 begrüßte man immerhin noch 2000 Interessierte zum dritten Pokalerfolg, diesmal im Stadion Lichterfelde. Und bei der folgenden DFB-Pokal-Hauptrunde motivierte man 4900 Zuschauer, im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark einem 2:1-Sieg im Derby gegen Blau-Weiß 90 beizuwohnen. Von solchen Zuschauerzahlen kann man bei Türkiyemspor heute nur noch träumen, wobei die Zusammensetzung des Publikums ungefähr gleich geblieben ist, das sich größtenteils aus türkischen und deutschen Staatsbürgern aus dem nahegelegenen Kreuzberg zusammensetzt. Ab und zu gibt es mal Anfeuerungen für die Heimmannschaft in Form von Türkiyem! Türkiyem!-Sprechchören, insgesamt bleibt es doch eher ruhig. Dafür gibt es Dialoge mitzuhören, die es in höheren Klassen wohl selten in dieser Form zu bestaunen gibt (Was? 2:0-Rückstand? Ich dachte, wir führen 2:0! - da ist wohl jemand etwas zu spät gekommen). Die Anhänger der Gäste präsentieren sich da schon etwas lauter - wohl begünstigt vom für sie so positiven Spielverlauf - und verschaffen sich vor allem im zweiten Abschnitt immer mal wieder mit Sprechchören Gehör. Der Stimmung nicht unbedingt förderlich ist übrigens das heutige Wetter, das sich entschlossen zeigt, ungeschützte Fußballfans mit Dauerregen zu schikanieren.
Das Katzbachstadion besteht schon seit 1914 und wurde 1924 nach Entwürfen von Gerd Demmler, der
auch als Architekt des Poststadions bekannt wurde und heute von einer Gedenktafel ins Gedächtnis gerufen wird, die in eine der Tribünen integriert ist, auf eine Kapazität von 12000 Zuschauern ausgebaut. Seit dem Umbau von 1981 wurde das Stadion auf 5000 potentielle Besucher verkleinert, wobei es immer noch von den Tribünen auf beiden Längsseiten dominiert wird, die an den Rückseiten aus charakteristischem Bruchsteinmauerwerk bestehen. Auf der einen Seite sind die Stufen betoniert und in der Mitte von einer halbkreisförmigen Tribüne unterbrochen, auf der ein großer Schirm für die einzige Überdachung der Anlage sorgt. Die gegenüberliegende Tribüne verfügt ebenso wie der Untergrund, auf dem sie steht, über einen gekachelten Boden. Pfadfinderische Fähigkeiten verlangt man den Zuschauern ab, die die Stadiongaststätte finden wollen: sie müssen hinter der Tribüne der Gegenseite eine offene Gartentür entdecken, hinter der sich ein Gebäude versteckt, vor dem zwar einige Tische aufgebaut sind, das aber auf den ersten Blick nur eine Umkleide zu enthalten scheint. Wer hier weiter forscht, findet dann doch noch eine Gaststätte, in der sich eine gute Stunde vor dem Spiel bereits einige Anhänger von Optik Rathenow eingefunden haben - offensichtlich hat man die langjährige gemeinsame Ligazugehörigkeit nutzen können, um sich die Gegebenheiten im Katzbachstadion einzuprägen.
Ein Teil der Informationen in diesem Bericht stammt aus:
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Info |
Uns hat eine E-Mail von Türkiyemspor erreicht, in der einige inhaltliche Fehler im obigen Bericht angesprochen wurden - das ist inzwischen verbessert - und folgendermaßen zu den Finazproblemen Stellung bezogen wird: Jeder Verein in der Oberliga hat Finanzprobleme, wenn man mal von den Reservisten-Truppen von Hansa Rostock und Hertha BSC absieht. Ob diese Probleme zu Insolvenz führen oder zum freiwilligen Rückzug aus der Oberliga, ist selten absehbar. Die Situation bei Türkiyemspor sieht jeden falls auch nicht rosig aus. Aber unser Ziel ist das Halten der Oberliga, um unseren Nachwuchs in der Regionalliga (...) eine Perspektive bei Türkiyemspor bieten zu können. Wir hoffen, dass das gelingt. |
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