SV Falkensee-Finkenkrug vs. Tennis Borussia Berlin 0:1
783 Zuschauer
Ein wenig hört es sich ja schon nach Vogelhochzeit an, aber bei Falkensee-Finkenkrug handelt es sich um eine Gemeinde bzw. deren Stadtteil im Landkreis Havelland in Brandenburg, deren Fußballer soeben als Meister der Brandenburgliga in die Oberliga Nordost-Nord aufsteigen konnten und somit trotz der neuen dritten Liga fünftklassig bleiben konnten. Falls jemand schon den Namen der Stadt, dem man ein schlichtes SV vorangestellt hat, als etwas sperrig emfpindet, sei ihm ein Blick in die Geschichte des Clubs empfohlen, der ursprünglich 1913 gegründet worden war und dessen Neugründung BSG Turbine Finkenkrug 1988 mit dem BSG Fleisch und Frischeierproduktion Finkensee zur SG Falkensee-Finkenkrug fusioniert, aus der dann der heutige SV hervorgegangen ist. Da stellt man sich doch unwillkürlich die Fans des Clubs dabei vor, wie sie ein paar knackige Lieder erdichten, in denen "BSG Fleisch und Frischeierproduktion" vorkommt! Jedenfalls ist man in den letzten Jahren immer mal wieder zwischen Oberliga und Verbandsliga gependelt, während sich Tennis Borussia zumindest in der Oberliga gehalten hat, was jedoch gemessen an der Geschichte des Clubs recht bescheiden ist, hat man doch immerhin 2 Jahre in der Bundesliga hinter sich und noch 2003 von der Göttinger Gruppe gestützt einen neuen Sturm auf die Eliteliga gewagt, der jedoch in der 2. Liga erfolglos aufgegeben wurde, woraufhin TeBe in der relativen Bedeutungslosigkeit der Oberliga verschwand.
Beim Berliner Tennis Club Borussia wehrt man sicht mit Händen und Füßen dagegen, als Aufstiegsfavorit gehandelt zu werden, wobei die Grundüberzeugung eine Rolle zu spielen scheint, daß man schon viel zu oft den Mund recht voll genommen hat und schließlich kläglich gescheitert ist, zuletzt in der Vorsaison, die eigentlich bereits die Qualifikation zur Regionalliga bringen sollte. Mehr oder weniger insgeheim dürfte man freilich bei den Veilchen schon in Richtung Aufstieg schielen, nur daß man sich eben vorgenommen hat, diesmal Ergebnisse und Taten für sich sprechen zu lassen. Im ersten Abschnitt ist den Gästen jedenfalls anzumerken, daß sie trotz ihrer Rolle als Auswärtsmannschaft die heutigen Punkte in den sprichw¨rtlichen Sack packen wollen. Das ist freilich nicht ganz so einfach, denn trotz Überlegenheit von Violett-Weiß will der Ball einfach nicht ins Tor der Gastgeber und die zweite Hälfte dürfte zunächst überhaupt nicht im Sinne der Berliner verlaufen, die sich pl¨tzlich in die Defensive gedrängt sehen und mehrmals einiges an Glück benötigen, um nicht in Rückstand zu geraten. An einen Dreier dürfte bei TeBe in der 82. Minute kaum noch jemand denken, doch nach einer Schwäche in der Abwehr der Havelländer kommt es doch noch zum Siegtreffer für die Veilchen - erzielt von Michael Fuß, der davon profitiert, daß die Gastgeber den Ball in mehreren Versuchen nicht zu klären verm¨gen. Der Berliner Tennis Club Borussia ist also faktisch auf der Erfolgsspur gelandet und muß jetzt sehen, den Schwung, den der Auswärtssieg bringt, in die nächsten Partien mitzunehmen und sich so in der Tabellenspitze festzusetzen.
Prinzipiell ist der Sportplatz Lestikowstraße heute in einen Heimbereich und einen Gästebereich aufgeteteilt, wobei die beiden Gruppen jeweils auf einer der beiden Längsseiten Platz finden und keine echte Trennung zwischen den Fangruppen stattfindet. Faktisch findet ein Support für die Gastgeber auch überhaupt nicht statt - die Anhänger der Heimmannschaft haben sich zwar auf ihrer Seite ausgebaut und genießen den Vorteil, es nicht weit zu dem Ständen für Imbiß und Getränke zu haben, gehören aber zu den eher gesetzten Vertretern der Gattung der Fußballinteressierten und neigen von daher nicht zum Herumkaspern. Bei den gegenüber aufgestellten Borussen ist da schon etwas mehr los, allerdings beschränkt sich die Unterstützung hier auf optische Elemente wie die Transparente, mit denen man die Zäune hinter sich zugepflastert hat und von denen einige eine politische Botschaft tragen - von Aufrufen gegen Rassismus, Antisemitismus, Homophobie und so weiter in den violett-weißen Farben der TeBe bis hin zu den in rot-schwarzen etwas als Fremdkörper erscheindenden Bannern der Antifaschistischen Aktion. Vom sportlichen Verlauf der Partie ist man bei den Fans Tennis Borussias über weite Strecken etwas enttäuscht, um sich am Ende über das überraschend doch noch gewonnene Spiel zu freuen und dann wird es auch mal etwas laut. In den Unterhaltungen der Gästefans ist immer wieder zu hören, daß Türkyemspor in der Vorsaison auch selten überzeugt habe und doch noch am Ende der Spielzeit das Aufstiegsticket gebucht habe. Offensichtlich begreift man sich zumindest bei den TeBe-Fans als Aufstiegskandidat, was auch immer von offizieller Seite verlautet werden möge.
Eher Sportplatz- als Stadioncharakter habe die Anlage des SV Falkensee-Finkenkrug schon, so berichtet ein Einheimischer auf dem Weg zum Stadion, so könnte man zum Beispiel "von außen den Platz einsehen". Das erweist sich als völlig richtig und es haben sich auch ein paar Leute gefunden, die das Spiel lieber von außerhalb des eigentlichen Stadiongeländes verfolgen, ist aber nicht das einzige, was den Sportplatz an der Lestikowstraße zu genau dem macht, was sein Name verspricht: so fehlt bei flüchtigem Hinsehen jeder Ausbau und auch die beiden Stufen, die man bei näherer Betrachtung auf der Gegenseite finden kann, ändern den Sportplatzcharakter der Anlage in keiner Weise. Natürlich hat der Platz an der Lestikowstraße, den man übrigens über Straßen mit klassischem Kopfsteinpflaster erreicht, auch seine Vorzüge, wozu vor allem die Tatsache zählt, daß er eine von Bäumen umgebene Oase der Ruhe darstellt oder darstellen würde, wenn nicht gerade etwas zum Lärmen neigende Zeitgenossen wie die TeBe-Fans vor Ort wären (Theodor-Fontane-Fans sei übrigens gesagt, daß keine Birnbäume dabei sind, soweit sich das für den Botanik-Laien erschließt - aber die wären bekanntlich auch eher im 25 km entfernten Ribbeck zu erwarten). Für Oberligaverhältnisse fällt die Anlage dann aber doch eher bescheiden aus und eins ist klar: einen weiteren Aufstieg wird es für den SV Falkensee-Finkenkrug nur geben können, wenn man hier signifikant umbaut oder seine Heimspiele fortan an anderer Stelle austrägt - aber ein Aufstieg steht ja auch nicht zur Debatte für die Havelländer.