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1. FC Mönchengladbach |
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Fußballverband Niederrhein Landesliga NR 2 im WDR-Videotext |
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14.09.2003, Ernst-Reuter-Kampfbahn, Landesliga Niederrhein 2 |
Der 1. FC Mönchengladbach ist nach eigener Angabe der älteste Fußballverein Westdeutschlands und kann auf eine
inzwischen 99jährige Geschichte zurückblicken. 1909 wurden die Mönchengladbacher - oder besser gesagt München-Gladbacher passend zur Schreibweise der Stadt bis 1961 - nicht nur erster Westdeutscher Fußballmeister, sondern sie errangen auch einen Sieg, der noch heute für den Amateurfußball von Bestand ist, als man folgenden Gerichtsbeschluß erwirkte: Die Durchführung von Sportveranstaltungen gemeinnütziger Vereine ist steuerfrei. Zu diesem Zeitpunkt hatte man sich aber auch schon den Ruf eines Feine-Herren-Clubs (oder, wie es wohl im Gladbacher Platt heißt "Fine-Heäre-Klub") erworben, nachdem sich 1900 unzufriedene Arbeiter vom Mutterverein gelöst und einen eigenen Club mit Namen VfL Borussia gegründet hatten.
Heute kickt der 1. FC Mönchengladbach, der mit Günter Netzer auch einen Spieler aus der Jugend hervorbrachte, der als Spielmacher der Borussen zu Berühmtheit kommen sollte, in der Landesliga. Mit vier Punkten aus zwei Spielen sind die Blau-Gelben in den ersten Spieltagen der jungen Saison noch ungeschlagen, was auch für die punktgleichen Gäste am heutigen Spieltag vom SC Kapellen-Erft gilt. Die Gäste aus der Peripherie von Grevenbroich gelten als einer der Aufstiegsfavoriten in der Spielzeit und sind somit ein durchaus hochkarätiger Gegner.
Der SC Kapellen-Erft will sichtlich von Anfang an jeden Zweifel beseitigen, wer hier der Herr im Haus ist. Von Anfang
an setzen sie die Gastgeber unter Druck und es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis die Gäste am heutigen Tag in Führung gehen werden. In der 29. Minute kommt es dann aber ganz anders. Zum Entsetzen von Zuschauern und Spielern aus Kapellen entscheidet der Schiedsrichter auf Handelfmeter für den 1. FC und diese Chance bleibt nicht ungenutzt. So ist der Spielverlauf geradezu auf den Kopf gestellt und zu dem Frust der Gäste kommt noch hinzu, daß der Strafstoß keinesfalls unumstritten war, wurde der Kapellener Abwehrspieler doch eindeutig angeschossen, wobei die nicht gerade natürliche Handhaltung in der Situation einen Elfmeter als zumindest nicht völlig abwegig erscheinen läßt. Wie dem auch sei, die Gäste zeigen sich wenig geschockt und drängen immer mehr auf den Ausgleich, bis es dann 10 Minuten nach der Halbzeitpause so weit ist - ein im Fallen scharf abgezogener Flachschuß findet seinen Weg vorbei am FC-Schlußmann ins lange Ecke der Hausherren, für die das Verhängis seinen Lauf zu nehmen scheint, zumal die Gäste weiterhin das Gehäuse der Gladbacher belagern. Am Ende sind es dann aber doch wieder die Gastgeber, die bei einem ihrer wenigen Entlastungsangriffe zu einem - sicherlich sehenswerten - Treffer kommen, bei dem das Leder im Winkel des Gästetores landet und wohl vor allem schwere Spuren in der Psyche von deren Spielern und Anhängern hinterläßt - in den nächsten Wochen wird sich zeigen müssen, wie der Titelaspirant einen Rückschlag wie diesen wegzustecken vermag.
Die Anhänger des SC Kapellen-Erft sind am heutigen Tag klar in der Überzahl und sie entwickeln vor allem auf
den nach dem Elfmeterpfiff zum 1:0 ohnehin nicht sonderlich gut gelittenen Schiedsrichter eine gehörige Wut - vor allem, als man in der Folge noch mehrmals bei Abseits- oder Foulentscheidungen des Unparteiischen ein wenig anderer Meinung ist. Genau genommen hatte man schon vor dem strittigen Strafstoßpfiff den Fehdehandschuh geworfen, als die Kapellener bei einem harten - aber wohl regelkonformen - Einsteigen des Gegners lautstark eine Verwarnung - wenn nicht gar Hinausstellung - des vermeintlichen Übeltäters verlangten. Da fällt dann so manches Schimpfwort gegen das was da so gepfiffen - oder in der örtlichen Mundart "jefööt" wird. So wird es manchmal richig laut, wenn alles durcheinander pöbelt. Einen Support in Form von Sprechchören, Transparenten, Trommeln oder in sonstig organisierter Form gibt es aber nicht - angesichts der Altersstruktur der Gästefans, die wohl größtenteils ihr Arbeitsleben hinter sich haben, nicht weiter verwunderlich. Dennoch zeigt die heutige Partie, daß ein etwas höheres Lebensalter weder unbedingt zu Objektivität führen muß - obwohl die Proteste durchaus auch immer mal wieder berechtigt sind, liegen die Nörgler doch auch schon mal ganz schön falsch - noch, daß man angesichts eines Fußballspiels unbedingt ruhiger werden muß. Für die Beteiligten ist das sicherlich recht nervenaufreibend - für den neutralen Beobachter durchaus auch schon mal ganz amüsant.
In früheren Jahren spielte der 1. FC Mönchengladbach im Stadion am alten Wasserturm, das 20000 Zuschauern
Platz bot und mit einer Tribüne ausgestattet war - passend zum Club der ältesten in Westdeutschland. Bereits 1957 entstand in unmittelbarer Nähe des Stadions (und somit auch am Alten Wasserturm) die Ernst-Reuter-Kampfbahn, wo das Team noch heute seine Heimspiele bestreitet. Die Anlage ist auf einer Seite mit drei Stufen ausgebaut, die prinzipiell asphaltiert sind, wobei der Asphalt jedoch witterungsbedingt nur noch fragmentarisch vorhanden ist. Gegenüber findet man den ganzen Stolz der FCler, das 1985 durch ein von Günter Netzer organisiertes Prominentenspiel finanziert und mit erheblicher Eigenleistung errichtet wurde. So weiß der Mann am Ticketverkauf davon zu berichten, wie er trotz eines Bänderrisses den Boden des Vereinsheims gereinigt und gekachelt hat - wegen der Verletzung auf allen vieren kriechend. Auf jeden Fall hat sich der Aufwand gelohnt. Das Gebäude erfüllt mit seinem überhängenden und auf Stelzen stehenden ersten Stock, in dem die Vereinskneipe selbst ist, die Funktion sowohl eines Regendaches wie die einer wetterfesten Loge. Die Hintertorbereich der Ernst-Reuter-Kampfbahn sind begehbar - aber eben nur ebenderdig. Flutlicht gibt es am Hauptplatz nicht, dafür ist der oberhalb eines Hanges hinter der Gegengerade gelegene Ascheplatz mit Beleuchtung ausgestattet, auf eine Anzeigetafel hat man ganz verzichtet, immerhin ist eine Analoguhr außen am Vereinsheim angebracht. Als Platz Nebenplatz 4 der Ernst-Reuter-Anlage soll auch noch das frühere Stadion am Alten Wasserturm existieren, wobei die Tribüne nur noch in Resten erhalten sein soll, mußte doch - wie man beim FC zu berichten weiß - ein großer Teil davon der expandierenden Firma Mannesmann-Meer weichen, deren Fußballteam wohl auch die Anlage bespielt.
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