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24.09.2003, Ernst-Happel-Stadion, UEFA-Pokal |
Beim heutigen Spiel in der ersten Runde des UEFA-Cups treffen im Wiener Prater-Stadion zwei Mannschaften aufeinander,
die nach dem bisherigen Saisonverlauf als Verlierer gelten müssen. Bei den Gästen von Borussia Dortmund ist das nach dem Ausscheiden in der Champions League Qualifikation und den zuletzt chronisch schwachen Auswärtsergebnissen - man konnte 2003 kein Bundesligaspiel auf fremdem Platz gewinnen - hinreichend thematisiert worden und die Fans der Gelbs-Schwarzen haben nach der letzten Niederlage in Stuttgart mit einem Sitzstreik ihre eigene Meinung zu den letzten Leistungen kundgetan, aber auch der FK Austria Memphis Magna - so der aktuell offizielle Name der Gastgeber - hat enttäuscht. Als klarer Favorit in die Meisterschaft gestartet liegt man hinter dem Lokalrivalen von Rapid auf dem zweiten Tabellenplatz - wenn auch bei vier Punkten Rückstand nicht unbedingt abgeschlagen - und die Champions League Qualifikation konnte man ebensowenig überstehen wie die Gäste. Mit 0:1 und 0:0 unterlag der österreichische Triple-Sieger in diesem Wettbewerb gegen Olympique Marseille und bekam in der Folge das wohl gar nicht mal so unattraktive Los BVB, das immerhin einen Umzug aus dem kleinen Franz-Horr-Stadion erforderlich macht.
Die violetten Hausherren gehen sicherlich als Außenseiter in die beiden Spiele gegen Borussia Dortmund, aber just
in der Qualifikation wurde es ihnen ja vom ebenfalls nicht unbedingt als Favoriten gestarteten FC Brügge ja vorgemacht, daß man gegen den BVB durchaus etwas erreichen kann. Weitere Vorteile erhofft man sich davon, daß Trainer Joachim Löw die Gelb-Schwarzen durchaus gut kennt, sowie von der Verletzungmisere der Dortmunder, die inzwischen fast eine komplette Mannschaft ersetzen müssen, nachdem auch noch die Tschechen Koller und Rosicky ausfallen. Dennoch beherrscht zu Beginn der BVB die Partie, wobei das Team aus einer sicheren Deckung operiert, die kaum Chancen der Violetten zuläßt, selbst aber immer wieder mal gefährlich nach vorne kommt. In der 38. Minute scheint der BVB dann durch einen sehenswerten Treffer von Otto Addo auf die Siegerstraße gebracht zu werden, doch nur eine Minute später heißt es nach einem Freistoß für Austria 1:1. Dieser Treffer geht klar auf die Kappe von Goalie Roman Weidenfeller: obwohl der Ball sehr präzise geschossen ist, ist er doch so lange in der Luft, daß er von einem konkurrenzfähigen Torwart gehalten worden wäre. Im zweiten Abschnitt präsentiert sich eine mutigere Heimelf, die mehrmals kurz vor dem Führungstreffer zu stehen scheint, das entscheidende Tor erzielt aber schließlich Lars Ricken, der an seine alten Erfolge als Mister Europapokal anknüpft (Wer erinnert sich nicht an den Treffer zum 3:1 im Champions League Finale 1997?) und für einen aufgrund der zweiten Hälfte etwas glücklichen, aber keineswegs unverdienten Sieg der Gäste sorgt, die so etwas zuversichtlicher in die Zukunft blicken dürfen und normalerweise auf heimischem Rasen nicht mehr in Gefahr geraten dürften.
Im Vorfeld der Partie kommt es in der Gaststätte Schweizerhaus - in der Nähe des Ernst-Happel-Stadions am Prater gelegen - zu einer handfesten Kneipenschlägerei, bei der sich ca. 50 Fans beider Teams zunächst
Fangesänge und in der Folge Bierkrüge, Aschenbecher und Bänke entgegenschleudern. Diese Aktion führt zu einigen Verletzten auf beiden und einer Festnahme auf Wiener Seite - im Stadion bleibt es dann aber später ruhig. Aufgrund des gemessen an der Gesamtkapazität des Happel-Stadions eher schwachen Besuchs ist übrigens der Oberrang der Anlage mit Ausnahme der Gästekurve komplett gesperrt. Zum Intro präsentieren die Heimfans die nach Ansage des Stadionsprechers "geilste Choreographie, die das Ernst-Happel-Stadion je gesehen" habe. In der Hintertorkurve ist dabei in Orange auf Lila "Austria Wien" zu lesen, auf den Seiten gibt es farbige Blöcke auf violettem Grund. Auch wenn in den Details kleine Fehler erkennbar sind, muß man von einer gelungenen und ansehnlichen Aktion des Austria-Anhangs sprechen. Zusätzlich sind natürlich sowohl der Heim- als auch der Gästebereich von zahlreichen Transparenten geschmückt und auch bei den Gesängen lassen sich beide Seiten zunächst nicht lumpen. In der Folge wird es auf Seite der Gastgeber allerdings immer mal wieder sehr leise, was der Stadionsprecher zum Anlaß nimmt, wieder und wieder anheizend auf die Heimfans einzuwirken. Das ist nach UEFA-Bestimmungen unzulässig und man darf gespannt sein, ob und in welcher Form die UEFA dieses Vorgehen sanktionieren wird.
Das 1931 als Prater-Stadion gebaute Ernst-Happel-Stadion ist nicht die Heimstätte einer Vereinsmannschaft, sondern dient dem ÖFB als Nationalstadion und österreichischen - besonders den Wiener - Vereinen als
Veranstaltungsort für internationale Spiele, bei denen die eigenen - deutlich kleineren Anlagen - nicht ausreichen. Seine heutige Form hat das Stadion seit dem Umbau 1986, nach dem es bereits viermal Austragungsort von Europapokal-Endspielen war1. Es präsentiert sich als riesige ovale Schüssel mit seltsam gewelltem Dach, das über eine aufgesetzte Metallträgerkonstruktion stabilisiert wird. Die Tribünen verlaufen rundum in drei Rängen, wo man sich auf Metallklappsitzen niederläßt, die blockweise unterschiedliche Farben haben. Im Gästebereich sind die Sitze - heute passenderweise - in Gelb gehalten, andere Farben sind Grün, Orange, diverse Rottöne, Türkis sowie Hell- und Dunkelblau, um nur ein paar zu nennen. Beleuchtet wird das Geschehen über Strahler, die im inneren Ring der Dachkonstruktion verteilt sind. Unterhalb der Sitze zeigt ein Ring von Fenstern, daß hier diverse Räume ins Stadion integriert sind, vermutlich Büros oder Ähnliches, da die Perspektive für VIP-Plätze doch etwas flach wäre. Die Fanblocks sind klassisch hinter den Toren untergebracht, wobei es im Gästebereich noch eine große Anzeigetafel gibt, die so installiert ist, daß sie von den Gästefans selbst größtenteils von der Seite her gesehen und demzufolge nicht abgelesen werden kann. Größtes Manko des Ernst-Happel-Stadions ist zweifelsohne der extrem große Abstand, aus dem man die Partie als Zuschauer aufgrund der raumgreifenden Leichtathletikeinrichtungen verfolgen muß, was speziell in den Kurven gilt. Von daher kann die Anlage aus der Sicht des Zuschauers nicht uneingeschränkt gelobt werden, auch wenn sie als Austragungsort des EM-Endspiels 2008 vorgesehen ist.
1 Europapokalfinale der Landesmeister 1987: FC Porto - FC Bayern München (2:1), Europapokalfinale der Landesmeister 1990: AC Mailand - Benfica Lissabon (1:0), UEFA-Pokal-Finale 1994 (Hinspiel) Austria Salzburg - Inter Mailand (0:1), Europapokalfinale der Landesmeister 1995: Ajax Amsterdam - AC Mailand (1:0)
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