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Ísland |
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07.06.2003, Laugardalsvöllur, EM-Qualifikation |
In der Qualifikationsgruppe 5 zur Euro 2004 in Portugal treffen am heutigen Spieltag im Nordatlantik-
Insel-Derby die Vertretungen von Island und der Färöer Inseln aufeinander. Während sich die Isländer Hoffnungen machen, zum erstenmal die Qualifikation für ein solches Turnier schaffen zu können, ist für die Färinger jeder einzelne errungene Punkt ein Erfolg. Derartige Achtungserfolge gibt es für die Amateure der kleinen Inselgruppe inzwischen einige, nicht nur der unvergessene 1:0-Sieg über Österreich im ersten offiziellen Spiel der Färöer überhaupt, auch das 2:2 der Skandinavier gegen Schottland in der aktuellen Qualifikationsrunde ist in Erinnerung geblieben und in Hannover hätte es kurz vor Schluß fast noch den Ausgleich gegen den Vizeweltmeister Deutschland gegeben. Die Heimmannschaft steht heute bereits immens unter Druck, haben die Isländer doch zweimal gegen den direkten Konkurrenten Schottland verloren. Ein magerer Sieg gegen Litauen steht bis jetzt zu Buch, heute muß ein weiterer Dreier her und am kommenden Mittwoch hat man dann die Chance, mit einem Sieg in Litauen wieder voll dabei zu sein und wer weiß - vielleicht kann man dann ja Deutschland, gegen das noch beide Spiele ausstehen, ein Bein stellen?
Daß die Gäste nicht gewillt sind, den Ambitionen Islands so ohne weiteres ins Blatt zu
spielen, zeigt sich schnell. Zwar sind die Gastgeber spielerisch überlegen und kommen schnell zu ersten Tormöglichkeiten, die Färinger aber geben keinen Ball verloren und legen dabei eine Kondition an den Tag, die über weite Strecken vergessen läßt, daß die Kicker ihren Lebensunterhalt als Reeder, Schafhirten und Eisverkäufer (sic!) verdienen. Kurz nach der Halbzeit kommt es dann doch noch zur Führung für die Hausherren, als zunächst die Latte bei einem Freistoß rettet, der Nachschuß dann aber den Weg ins Tor der Føroyar (so der Name der Inseln in Landessprache) findet. Wer die Isländer jetzt auf der Straße zum sicheren Sieg wähnt, sieht sich schnell getäuscht, denn nur zwölf Minuten später fällt geradezu aus heiterem Himmel der Ausgleich für die Gäste, die sich zum ersten (und letzten) Mal in der Partie vor das Tor Islands verirrt haben. Danach versuchen die Hausherren, noch mal einen draufzulegen, sind jedoch sichtlich geschockt. Dann ereilt das Schicksal die wackeren Gäste aber doch noch und das zu einem Zeitpunkt, als wohl fast jeder bereits mit einem neuen Achtungserfolg für die Inseln rechnet. Vielleicht ist es in der dritten Minute der Nachspielzeit doch eine Konditionsschwäche, die zugrunde liegt, Fakt ist jedenfalls, daß die Isländer einen Durchbruch mit zwei Leuten schaffen und daß es dann Flanke Gudjonsson und Tor durch Gudmundsson heißt. So werden die Faröer um den Lohn für ihren aufopferungsvollen Kampf gebracht und Island kommt zu drei Punkten, die aufgrund des Spielverlaufs glücklich, aufgrund der Spielanteile jedoch hochverdient sind.
Die Isländer gelten als durchaus fußballbegeistertes Völkchen, so hatte ein
Europapokalspiel des damaligen Meisters Valur Reykjavik gegen Benfica Lissabon mal eine Kulisse von 18000 Zuschauern, was 20 % der Gesamtbevölkerung der Insel entsprach. So viele Zuschauer sind im Laugardalsvöllur inzwischen bei weitem nicht mehr zugelassen, da das Stadion nur über 8000 Sitzplätze verfügt, die anwesenden Isländer können jedenfalls bei spannenden Situationen sehr laut werden und lassen sich auch immer wieder mal mit ihrem Áfram Ísland- (Á wird als AU gesprochen, klingt also wie Aufram) oder einfach nur Ísland-Sprechchören hören. Dazu gibt es hin und wieder Unterstützung per Getrommel, was auch für die Gästefans gilt. Letztere haben ihren Block mit zahlreichen Fahnen verziert und auch die eine oder andere Schwenkfahne dabei und lassen ihr Trommel-gestütztes Føroyar! regelmäßig hören, was auch gilt, als sie in Rückstand liegen, aber umso mehr, als es bei 1:1 nach einer erneuten Überraschung zugunsten ihres Teams aussieht. Übrigens sind um die 600 Anhänger der Färöer Inseln vor Ort, was einem guten Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht und damit einer Rate, die in Staaten mit größerer Bevölkerungszahl schlicht und ergreifend nicht zu erreichen ist!
Das Stadion Laugardalsvöllur ist eine Leichtathletikanlage, bei der beide Längsseiten mit
Tribünen ausgebaut sind, während es in den Kurven Betonstufen gibt, die bei internationalen Spielen a priori nicht mehr eingesetzt werden dürfen, aber ohnehin in nicht allzu gutem Zustand sind und aufgrund der Laufbahn eine sehr große Entfernung zum Spielfeld haben. Um so besser ist der Zustand der beiden Seitentribünen. Die Haupttribüne verfügt über eine blaue Bestuhlung und schwarze runde Stützpfeiler auf etwa halber Höhe, die das Dach tragen. Wesentlich origineller ist da die Gegentribüne, bei der das Dach immer wieder oberhalb der Aufgänge mit kleinen dreieckigen Giebeln unterbrochen ist, die ihrerseits transparent gedeckt sind und mit den vielen kreuz und quer verlaufenden Verstrebungen wohl tragende Funktion für die Gesamtkonstruktion haben. Auch diese Tribüne verfügt über blaue Sitze, trägt jedoch in Weiß den Sponsorenschriftzug SYN. Hinter einem Tor findet sich eine Anzeigetafel in einem massiven Betonrahmen, der unter anderem einen Schriftzug mit dem Stadionnamen trägt. Die Abgrenzung zwischen Zuschauerbereich und Platz wird durch senkrechtstehende Betonplatten gewährleistet, die Beleuchtung erfolgt über Strahler an vier Masten, die originellerweise zur Halbzeitpause gegen 17:00 Uhr eingeschaltet werden, obwohl es in Reykjavik um diese Jahreszeit nur für ein bis zwei Stunden mitten in der Nacht dunkel bzw. eigentlich sogar nur dämmerig wird.
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