Kotwica Kołobrzeg vs. GKS Tychy 3:2
600 Zuschauer
Kołobrzeg - oder auf deutsch Kolberg - ist eine Stadt in Hinterpommern, die den meisten Deutschen - wenn überhaupt - am ehesten als Ostseebad bekannt sein dürfte, aber auch Fußball wird hier gespielt. Der Miejski Klub Piłkarski Kotwica Kołobrzeg ist als klassenhöchster Verein in der dritten Liga des Landes aktiv, wo man in der Regel Mittelfeldplätze einnimmt, momentan aber in der Spitzengruppe zu finden ist. Der heutige Gegner ist der Górniczy Klub Sportowy Tychy, der unmittelbar nach seiner Gründung als Fusionsprodukt aus Polonia Tychy und Górnik Wesola eine kurze Erstligageschichte inklusive einer Vizemeisterschaft vorzuweisen hat. Am 20.4.1971 war die Fusion vollzogen worden und 1974 folgte der Aufstieg in die Eliteliga, 1976 wurde man Zweiter und zog in den UEFA-Cup ein, um ein Jahr später abzusteigen und es nie wieder in die höchste Liga des Landes zu schaffen. In den letzten Jahren war der GKS sogar nur viertklassig, bevor man zu Saisonbeginn zumindest wieder auf Level 3 zurückkehren konnte. Ungleich erfolgreicher ist übrigens die Eishockeymannschaft des Teams, die 2005 polnischer Meister werden konnte und amtierender Pokalsieger ist.
Die Partie, die sich am heutigen Nachmittag entwickelt, ist von beiden Seiten offen geführt und durchaus unterhaltsam, doch daß dabei so viele Tore fallen, ist hauptsächlich der schwachen Leistung der beiden Torhüter zu verdanken, die bei allen fünf Treffern schlecht aussehen. Mal läßt man sich von einem harmlosen Kullerball überwinden - wie bei den Treffern zum 1:0 und 3:1 - und dann wiederum fällt ein Tor per Kopfball aus dem Fünfmeterraum wie beim 2:0 für Kołobrzeg. Insgesamt steht am Ende ein Resultat, das dem Spielverlauf entspricht, denn die Gastgeber sind im ersten Abschnitt das über weite Strecken bessere Team, und auch wenn der GKT Tychy in der zweiten Hälfte besonder zu Beginn eine starke Phase hat, in der man die höheren Spielanteile auf seiner Seite hat, bleibt es bei dem insgesamt etwas besseren Eindruck zugunsten von Kotwica. Dabei hilft sicherlich der recht schnelle Treffer im zweiten Abschnitt, mit dem man in der 52. Minute auf den kurz vor der Pause erzielten Anschlußtreffer Tychys reagiert und der die Gäste doch einiges an Spielfluß kostet, auch wenn sie nur fünf Minuten später erneut verkürzen, denn danach haben die Gastgeber das Spiel weitgehend unter Kontrolle.
Der aktivere Anteil der Heimfans hat sich auf der Gegenseite aufgebaut, wo man sich zunächst ein kleines Scharmützel mit dem Ordnungsdienst liefert, wobei es um die aufgehängten Transparente geht, und danach recht regelmäßig per Sprechchor für Anfeuerungen zugunsten seines Teams sorgt. Auf optischen Support wird zunächst verzichtet, was man nach dem ersten Treffer ansatzweise ändert, indem das Tor mit einem einzelnen bengalischen Feuer gefeiert wird. Kurz danach werden in den Vereinsfarben blau und weiß gestreifte Fahnen in den Block geschafft, was auf eine größere Aktion hindeutet, mit der sich die Kotwica-Fans dann aber bis nach der Pause Zeit lassen, um dann die Fahnen zum Einsatz zu bringen und das mit weiteren bengalischen Fackeln und orangem Rauch zu unterstützen. Aus dem immerhin 800 km entfernt im oberschlesischen "Kohlenpott" liegenden Tychy sind zwei Busse mit Fans angereist, die den Gästeblock gut füllen und sich hin und wieder mal zu Wort melden. Vor dem Gästeblock sind übrigens keinerlei Transparente aufgehängt, was aber wohl aus Sicherheitsgründen nicht geduldet wurde, denn die GKS-Fans haben den Seitenzaun des Blockes mit einem großen Banner geschückt, das man mit Sicherheit lieber auffälliger direkt vor sich angebracht hätte. Neben dem Vereinszeichen und dem Stadtwappen Tychys mit dem charakteristischen Posthorn ist darauf eine Faust zu sehen, die auf den Betrachter zukommt, und diese Selbsteinschätzung wird offensichtlich von den Verantwortlichen in Kołobrzeg exakt geteilt, denn die Gästefans werden von starken Polizeikräften hermetisch abgeriegelt und müssen nach dem Spiel erst mal im Block bleiben, bis die Straße am Stadion wie schon vor der Partie bei der Anreise der Awayfans komplett abgesperrt wird, um den Gästeanhang in die Busse zu bekommen.
Das Stadion an der Straße Sliwinskiego ist eine eher kleine Anlage, deren Ausbau sich auf die beiden Längsseiten beschränkt. Zum einen gibt es hier eine Haupttribüne, die zum Großreil mit Sitzschalen in Rot und Blau ausgestattet ist und von einer etwas unsymmetrisch angebrachten Sprecherkabine überragt wird. Im äußeren und unteren Bereich der Tribüne gibt es anstelle der Plastiksitze auch teilweise Holzbänke, wie sich vermutlich auf der ganzen Tribüne zu finden waren, bevor einige Bereiche mit moderneren Sitzgelegenheiten ausgestattet wurden. Im äußeren Beereich der Haupttribüne befindet sich auch der Gästeblock und damit in möglichst großer Entfernung von den aktiven Heimfans, die gegenüber auf der Gegenseite zu finden sind. Diese muß wie die Haupttribüne auch ohne Überdachung auskommen und ist faktisch ein Stehplatzbereich, denn von den offensichtlich früher einmal installierten Holzbänken sind nur noch die Betonverankerungen vorhanden.